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Piz Morteratsch (3751 m)

Berninagruppe

Text und Fotos: Jörg Ackermann

10.06.2011


Wie der Piz Palü ist auch der Piz Morteratsch ein für Paraalpinisten besonders geeignetes Ziel in der Berninagruppe, da praktisch direkt vom höchsten Punkt gestartet werden kann. Zudem ermöglicht seine gegenüber dem Hauptkamm etwas nach Norden vorgeschobene Lage auch ohne thermische Unterstützung einen Flug bis ins Val Bernina, sofern der zum Starten notwendige Nordostwind nicht zu stark ist.
Als Anstiege kommen entweder der Weg von Westen über die Tschiervahütte oder die Routen von der nordöstlich des Gipfels gelegenen Bovalhütte in Frage. Der technisch einfachste Weg ist derjenige von der Tschiervahütte, wobei allerdings für den Hüttenansteig etwa 3 ½ Stunden von Pontresina durch das Val Roseg gerechnet werden müssen. Die Bovalhütte erreicht man dagegen in nur 2 Stunden von Morteratsch aus, muss aber dann beim Gipfelanstieg in einer etwas steinschlaggefährdeten Flanke unter der Fuorcla da Boval einige Kletterpassagen bewältigen.  
Eine dritte Möglichkeit des Gipfelanstiegs ist die hier vorgeschlagene Option für das späte Frühjahr bei sicheren Schneeverhältnissen. Der Ausgangspunkt Bovalhütte wird je nach Schneelage über den Winter- oder Sommerweg erreicht, wobei letzteres den Nachteil hat, dass zusätzlich zur Flugausrüstung  noch die Skier geschultert werden müssen.
Von der Hütte geht es in einem nach Norden ausholenden Bogen um die nordöstlichen Ausläufer  von Corn Boval und Piz Boval herum bis zu P. 2598 auf der Schweizer Landeskarte (Koordinaten: 790500, 144800). Zwischen zwei Moränen wird nun in südwestlicher Richtung der Vadret Boval Dadour und über diesen am Ende recht steil die Fuorcla Misaun (3208 m) erreicht. Von der Scharte folgt ein kurzer Abstieg auf den Vadret da Misaun und in einem weiten Rechtsbogen wird die Scharte 3336 m (Fuorcla Tschierva) am Ostrücken des Piz Tschierva erreicht. Wiederum wird kurz nach Süden auf den Vadrettin da Tschierva abgestiegen oder abgefahren, wo man auf den Normalweg von der Tschiervahütte trifft. Im Firn rechts (westlich) eines Felsgrates ansteigend wird der Schneegrat dort betreten, wo sich die Felsen im Firn verlieren. Der anschließende Gratrücken lässt sich auf etwa 3500 m nach links (Osten) in eine weite Firnmulde verlassen. Über einen steileren Hang mit einer großen Querspalte gelangt man kurz unterhalb des Gipfels wieder auf den Grat. Dieser Bereich des Anstiegs ist etwas lawinengefährdet. Statt der Querung kann man auch östlich des Firnrückens direkt durch die ca. 45° geneigte Firnflanke ansteigen. Die letzten Meter zum Gipfel werden mit herrlichen Blicken zu Palü, Bernina und Roseg zurückgelegt. Für den ganzen Anstieg muss man insbesondere bei fehlender Spur mit etwa 6 Stunden rechnen, da die Skier auch einige Male an- und abgeschnallt werden müssen.
Zum Starten geht man vom Gipfel kurz auf dem Anstiegsweg zurück, wo sich Richtung Nordosten eine ideal geneigte Firnflanke öffnet. Einmal in der Luft, hält man auf die Bovalhütte zu und fliegt entlang des Morteratschgletschers über Morteratsch ins Val Bernina, wo es einige geeignete Landewiesen gibt, die schon bei der Anfahrt besichtigt werden können. Ein wenig Vorsicht ist jedoch bezüglich der Windverhältnisse geboten: bei vorherrschendem Nordost- bis Ostwind ist nicht unbedingt darauf Verlass, dass im Val Bernina auch tatsächlich der (von Westen kommende) Talwind vorherrscht.